Anfechtung Erbschaftsannahme - Was helfen kann wenn der Nachlass überschuldet ist
Überschuldung des Nachlasses kann Anfechtung einer Erbschaft rechtfertigen
Das OLG Köln hat mit Beschluss vom 15.05.2017, Az.: 2 Wx
109/17 entschieden, dass die Erbschaft eines überschuldeten Nachlasses angefochten
werden kann, wenn der Erbe aufgrund bestimmter Anhaltspunkte von der
Werthaltigkeit des Nachlasses ausgehen durfte, sich diese Erwartung dann aber
nicht erfüllt.
Worüber hatte das OLG zu entscheiden - Sachverhalt -
Die Erblasserin verstarb im Alter von 47 Jahren. Sie hatte
kein Testament hinterlassen, weswegen gesetzliche Erbfolge eintrat. Erben
wurden somit ihr Ehemann und ihre beiden Geschwister. Während die Schwester die
Erbschaft direkt ausgeschlagen hatte, ließ der Bruder die sechswöchige Frist
zur Ausschlagung der Erbschaft zunächst verstreichen. Damit galt die Erbschaft
für den Bruder als angenommen (§ 1943 BGB). Der Bruder hätte als
Erbe die Schulden der Erblasserin begleichen müssen.
Der Bruder erklärte nun die Anfechtung der Annahme der
Erbschaft wegen Irrtums. Er begründete die Anfechtung damit, dass er nicht
gewusst habe, dass der Nachlass überschuldet sei.
Irrtum über Nachlassüberschuldung berechtigt zu Anfechtung
Das OLG Köln hat entschieden, dass dieser Irrtum über die
Überschuldung des Nachlasses zur Anfechtung gemäß § 119 Abs. 2 BGB berechtigte,
weil er auf falschen Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des
Nachlasses beruht habe.
Der Bruder habe gewusst, dass die Erblasserin ein Jahr vor
ihrem Tod eine Abfindung in Höhe von rund 100.000 Euro erhalten hatte. Ihm war aufgrund eines Kontoauszuges auch bekannt, dass einige Monate vor dem Tod ein Guthaben von circa 60.000 Euro
auf dem Konto der Erblasserin gewesen war. Angesichts dieser konkreten
Anhaltspunkte habe der Bruder erwarten dürfen, dass der Nachlass werthaltig
sei. Diese Erwartung habe sich nicht erfüllt. Sein Bemühen, vom Ehemann der
Erblasserin Auskünfte über den Verbleib der Abfindungssumme zu erhalten, sei
erfolglos gewesen. Mangels Informationen zum Verbleib der Abfindung und vor dem
Hintergrund einer an ihn adressierten Krankenhausrechnung über die Behandlung
der Erblasserin habe der Bruder die Annahme der Erbschaft daher wirksam anfechten
können.
Nach § 1957 BGB gilt die wirksame Anfechtung der Annahme der
Erbschaft durch den Bruder als Ausschlagung der Erbschaft. Der Bruder kann
aufatmen. Er muss für alte Schulden der Erblasserin nicht mehr einstehen.
Anfechtungsfrist nicht versäumen
Eine Anfechtung der Annahme erfolgt nach § 1955 BGB durch
Erklärung gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht. Eine Anfechtung kann nur
binnen einer Frist von sechs Wochen, gerechnet ab dem Tag, an dem man von dem
Anfechtungsgrund (also z.B. seinem Irrtum) Kenntnis erlangt hat, vorgenommen
werden, § 1954 BGB.
Erfahren Sie, dass die von Ihnen angenommene Erbschaft
überschuldet ist, sollten Sie daher unverzüglich mit einen auf Erbrecht spezialisierten
Anwalt Kontakt aufnehmen und prüfen lassen, ob Sie die Annahme der Erbschaft ausschlagen können.
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